Ich hatte den Eindruck, dass viele extra nur wegen Judith von Halle nach Dornach gekommen waren, – für eben diese 2 Stunden, in denen sie sprach, was durch den langen und herzlichen Beifall am Ende bestätigt wurde. Ein Samstagmorgen ist als Termin für sie sehr anstrengend, wenn man in Betracht nimmt, was sie jeden Freitag durchleidet. Sie sei trotz einer Erkältung gekommen, sagte eine Frau, die sie hinterher auch wieder fortführte. Judith von Halles Stimme war rein und klar und ich konnte jedes ihrer Worte gut verstehen. Ihre Gesten und Schritte waren wieder wie früher. Ihr Humor war auch anwesend, als sie das lange Hin und Her mit dem Verteilen der Hörgeräte mit einfachen Worten zur Ruhe brachte, dass wenn man sie mit diesen Worten verstehen könne, man auch den Vortrag ohne Hörgerät hören könne, wenn nicht genügend zum Verteilen da seien. Sie stand während dieser Zeit ruhig und gefasst vorne und liess den Blick über die Zuhörer schweifen.
Ihre so bekannt Art, vorsichtig mit den Fingerspitzen - in einer Art eurythmischen Quartgeste das Rednerpult nur zu berühren, lassen einen verstehen, dass die Wunden immer schmerzen. Diese werden von einem hautfarbenen Gewebe, dass sie wie einen Teilhandschuh um die Handmitte trägt, an dem die Finger und der Daumen frei sind, so bedeckt, dass doch etwas Luft an die Stellen kommen kann.
Sie trug einen speziellen langen schwarzen Pullover mit weit angesetzten Ärmeln, der in der Mitte auf der Brust gerafft war, wodurch Faltenwürfe entstanden, die an ein Kreuz erinnern. Ihr Gang ist leicht aber bestimmt. Sie steht bei der Rede sehr leicht, als ob keine Schwere in ihr sei.
Nach dem Vortrag wechselte sie einige Worte mit guten Freunden, die vorne sassen – auch ich durfte sie kurz grüssen, dann wurde sie besorgt fortgeführt, obwohl sie gerne noch mehr Liebesworte gewechselt hätte. Ihre Lippen waren blass geworden von der Anstrengung.
An jedem Sonntagmorgen dürfen wir sie in grösstem Glücke wissen, dass alles Mitleiden um ein Vielfaches ausgleicht, wie sie ein anderes mal in einem Vortrag sagte. Die Auferstehung zu erleben gehört zu dem grössten Wunder – und sie lebt ganz aus diesem.
Ganz bewusst schildere ich dieses mal nur die äusseren Umstände und nicht den Inhalt ihres sehr guten Vortrages, da er in dem Büchlein steht: "Von den Geheimnissen des Kreuzweges und des Gralsblutes" und man ihn dort nachlesen kann, einen Augenzeugenbericht aber vielleicht man seltener bekommt.
Ein jedes Wort in ihren Schriften und in ihren Vorträgen ist ausgewählt und prägnant. Für mich erweisen sich die Bücher als immer neue Quelle der Vertiefung der Geschehen um Jesus Christus und seinem Auftrag für die Erlösung der Menschen.
Sie wird vorläufig nur in Berlin und Dornach Vorträge halten, da ihr Arzt ihr das Reisen untersagt, als zu anstrengend.
Ihr nächster Vortrag war am Johannitag, Dienstag den 24. Juni 2008 um 20.00 Uhr im Festsaal der Rudolf Steiner Schule Berlin, Clayallee 118 im Rahmen der Veranstaltungen der „Freien Vereinigung für Anthroposophie MORGENSTERN“ wo sie „Von der Johannes-Individualität“ berichtete.
Als erstes möchte ich hervorheben, dass der Gesundheitszustand von Judith von Halle für den Zuhörer eindeutig gut war. Sie war in den Gesten feurig und blühte auf, alle ihre lieben Freunde versammelt zu sehen. Ihre Wangen waren – auch nach dem Vortrag – rosig.
Der Saal der Rudolf Steiner Schule war fast bis zum letzten Platz besetzt.
Sie sprach über die Individualität des Johannes – besser gesagt der Johannesse, die die Evangelien nennen.
Über Geheimnisse, die Rudolf Steiner in seinem letzten Vortrag begann zu lüften, konnte sie weitere Ausführungen machen. Alle Anthroposophen dürften interessiert sein, diesen Vortrag, den sie zu einem Büchlein ausarbeiten wird, zu lesen, denn es geht um nicht weniger, als um die Realisierung des „Ehernen Gewölbes“ aus der „Tempellegende“. Die Verbindung der zwei Ströme, des Kainitischen mit dem Abelitischen – und noch viel mehr. Souverän hat Judith von Halle diese schweren Themen ineinander gefügt, dargestellt und aus eigener Forschung weitergeführt. Zum Inhalt nicht mehr hier, denn es muss alles gewahrsam und genau dargestellt werden, wie es das Thema heischt und das werden wir sicherlich schon bald in besagtem Büchlein von ihr bekommen. Es ist für mich wiederholt erstaunlich, mit welcher leichtheit, Souveränität, Genauigkeit und doch einfachen Herzlichkeit von ihr gesprochen und geschrieben wird. Eine neue Ära der anthroposophischen Sprache und Vortragsweise ist durch sie eingeleitet worden.
Die „Freie Vereinigung für Anthroposophie MORGENSTERN“ wird
vom 15. bis 16. November 2008 eine Templertagung in Berlin mit Judith von Halle arrangieren. www.freie-vereinigung.de
Ich durfte einen Templervortrag von ihr einmal hören und das war sehr informativ, denn aus ihrer Geistesforschung konnte sie einen mit Worten durch eine alte Templerburg führen, - von der heute nur noch Grundmauern zu finden sind - diese genau beschreiben, wie eben eine Architektin beschreiben kann und schildern, was dort stattfand bei der letzten Zusammenkunft der Komturen.
Einen guten Sommer wünsche ich Dir und allen Lesern
Herzliche Grüsse
von Gudrun D. Gundersen